BLOG: Fachkräfte in Südniedersachsen

#47 Fehlende (Berufs-)Orientierung? 

veröffentlicht am 27.09.2022; Autorin: Laura Li Stahr

Farbenkasten

Bereits heute scheint sich die Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt hinsichtlich der Zahl der Auszubildenden zuzuspitzen und dies mit keiner positiven Bilanz. Die Zahl unbesetzter Ausbildungsstellen steigt: mehr als vier aus zehn Betrieben können nicht alle Stellen besetzen. Die Lage ist angespannt.

Aber woran liegt es, dass viele Jugendliche bereits in der Schule nicht zielführend dahingehend abgeholt werden, dass sie ihre Kenntnisse und Fertigkeiten auf Passgenauigkeit zu möglichen Berufsfeldern ausarbeiten können? Braucht es eine grundlegende neue Struktur im Angebot der beruflichen Orientierung oder liegt das Kernproblem vermehrt darin, dass die Mehrzahl der Jugendlichen immer noch durch das Elternhaus oder andere nahestehende Bezugspersonen geprägt und auch hinsichtlich ihrer beruflichen Ideen beeinflusst werden? Sollten die Antwortwn hierauf „ja“ lauten, könnte die Lösung darin liegen, den Jugendlichen bewusst mehr Freiraum für persönliche Entscheidungen zu lassen und dies entsprechend an die Eltern zu kommunizieren.

Vorbilder-Orientierung aufbrechen?

Die erste Phase der beruflichen Orientierung fällt schwer und es kann durchaus vorkommen, dass Kinder und Jugendliche nur durch Umwege den richtigen Studiengang, den richtige Ausbildungsberuf finden. Bis Berufseinsteiger mit dem gewählten Feld und allen damit verbundenen Einzelheiten vollends zufrieden sind, vermag es bei manchen sogar mehr als eine Neuorientierung.

Dennoch bleibt es Fakt, dass die meisten Jugendlichen sich zunächst an den Berufen im eigenen Elternhaus oder bei Verwandten oder Geschwisterkindern orientieren. Die automatische Annahme in der Orientierungsphase, dass der dort gewählte Beruf ja gar nicht falsch sein kann, da die engsten Bezugspersonen ihn ausüben, ist hier der Regelfall. Dadurch versperren sich nicht wenige Jugendliche bereits früh vor möglichen Alternativen und entsprechen dem gesellschaftlichen Druck, dass es meistens unbedingt ein Studium sein muss und dann eines, das nicht klischeebehaftet ist.

Ihre Zukunft, Ihre Entscheidung

Den eigenen Kindern Freiräume lassen und sie unterstützen, selbst wenn die beruflichen Vorstellungen entgegen derjenigen sind, die andere Familienmitglieder ausüben. Das ist die einzige Möglichkeit und der zielgerichtetste Lösungsansatz. Glaubt man einer neuen Studie der Bertelsmann-Stiftung ergibt sich Grund zur Sorge. Demnach fehle der Mehrheit der Jugendlichen die Orientierung bei der Berufswahl.

„53 Prozent der Befragten finden sich zwischen all den Informationen nur schwer zurecht. Außerdem spannend: Die wichtigste Informationsquelle sind für 48 Prozent der 14- bis 20-Jährigen persönliche Gespräche.“ Göttinger Tageblatt, 04.08.2022

Mut zur Veränderung

Dies zeigt deutlich, dass es neue Wege braucht, um Kinder und Jugendliche frühzeitig und zielgerichtet zu erreichen. Hierfür müssen Eltern mit ins Boot geholt und informiert werden, damit diese ihren Kindern vermitteln können, dass egal auf welchen Beruf deren Wahl fällt, das private Umfeld immer hinter ihnen steht. Nichts ist besser oder schlechter, es ist die persönliche Wahl für die eigene Zukunft. Zusätzlich braucht es sicherlich eine erneuerte Bildungsstrategie mit neuen Ansätzen für die Ziele und Inhalte der beruflichen Orientierung im Curriculum. Insbesondere Nischenberufe, die mitunter auch noch klischeebehaftet sind wie IT-Berufe, müssen stärker in den Fokus gerückt und den Jugendlichen zielgruppennah nähergebracht werden. Hierfür bietet unter anderem das Projekt IT macht Schule Ansätze.

Unternehmen in die Klassenzimmer

Darauf aufbauend müssen auch die regionalen Unternehmen mehr in die Pflicht genommen werden. Es darf hier nicht bei der einseitigen Erkenntnis bleiben, dass den Betrieben die Auszubildenden oder dualen Studierenden fehlen. Anreize schaffen durch vermehrte Möglichmachung von betrieblichen Praktika während der Schulzeit ist hier das Stichwort. Nur durch Ausprobieren kommt die Entscheidung und gleichsam können die Schulen, wenn möglich ihre Lehrpläne am Fachkräftebedarf orientieren. Hierfür braucht es jedoch auch einen engen Austausch zwischen Schulen und Unternehmen.

Jetzt ist die Zeit, um anzupacken und auch den Quereinstieg wieder in den Blick zu nehmen und Scheitern als Chance zu sehen. Unternehmen müssen sich zudem darüber Gedanken machen, ob der Aspekt finanzieller Anreize auf dem Bewerbermarkt hilfreich sein könnte.

In diesem Blog-Beitrag nehmen wir Bezug unter anderem auf folgende zwei Pressetexte: Fachkräftemangel: Deutschland braucht eine neue Bildungsstrategie (goettinger-tageblatt.de)Vielen Jugendlichen fällt die berufliche Orientierung schwer (faz.net)

Ansprechpartner:

Susanne Spellerberg Projektleitung IT macht Schule 2.0 T. 0551/270713-32 mailen

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